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Chronische myeloische Leukämie (CML)

Die chronische myeloische Leukämie, kurz CML genannt, ist eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks, bei der zu viele weiße Blutkörperchen gebildet werden. Die CML gehört laut Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation zu den myeloproliferativen Neoplasien (MPN), nimmt aber aufgrund ihrer genetischen Ursache eine Sonderrolle ein. Mit Entwicklung von Medikamenten, die genau auf die Ursache der Erkrankung zugeschnitten sind, wurde die Behandlung revolutioniert, so dass Patienten heute für gewöhnlich einen ganz normalen Alltag mit guter Lebensqualität leben können. Aktuelle Studien untersuchen derzeit, ob auch eine medikamentöse Heilung möglich ist.

Die chronische myeloische Leukämie ist eine häufige Unterform der myeloproliferativen Neoplasien (MPN). MPN sind eine Gruppe verschiedener chronischer Erkrankungen der blutbildenden Zellen im Knochenmark. Allen MPN gemeinsam ist, dass eine bestimmte Blutzellsorte im Übermaß gebildet wird. Bei der CML sind bestimmte weiße Blutkörperchen, die Granulozyten, betroffen. Sie vermehren sich unkontrolliert und treten vom Knochenmark ins Blut über. Bei der Diagnose werden nicht selten bis zu 500.000 Leukozyten pro Mikroliter gemessen - zum Vergleich: bei Gesunden liegt der Wert zwischen 4.000 und 10.000 Zellen pro Mikroliter. Die massive Bildung an sich normaler weißer Blutkörperchen kann in der Folge verschiedene Komplikationen verursachen wie z.B. Blutgerinnsel oder Gefäßverschlüsse.

Bei fast allen CML-Patienten kann eine bestimmte genetische Veränderung, das Philadelphia-Chromosom, nachgewiesen werden, das ursächlich an der Entstehung der Erkrankung beteiligt ist. Aufgrund dieser Veränderung nimmt die CML in Bezug auf den Krankheitsverlauf und die Behandlung unter den MPN eine Sonderrolle ein.

Ursachen und Häufigkeit

Die CML ist keine erblichen Krankheiten und ist - ebenso wie andere Krebsformen - weder ansteckend noch kann sie auf andere Menschen übertragen werden. Ursache der CML ist eine typische genetische Veränderung der blutbildenden Zellen im Knochenmark, die im Laufe des Lebens zufällig, aufgrund bestimmter genetischer Veranlagungen oder durch Umwelteinflüsse erworben wird. Bei fast allen CML-Patienten kann das sogenannte Philadelphia-Chromosom nachgewiesen werden. Es entsteht durch einen Austausch von Chromosomabschnitten (Translokation): Von Chromosom 9 und Chromosom 22 bricht jeweils ein kleines Stück ab und die beiden Stücke tauschen die Plätze. Die an der Bruchstellen gelegenen Erbinformationen (Gene) werden dabei ebenfalls zerteilt und jeweils mit der Hälfte der anderen zerbrochenen Erbinformation wieder verbunden. Dadurch entsteht das veränderte Gen BCR-ABL, das aus einem Teil des normalen BCR Gens und einem Teil des normalen ABL Gens besteht.

CML ist eine seltene Erkrankungen. Jedes Jahr werden nur etwa 1 bis 2 Fälle pro 100.000 Einwohner neu diagnostiziert. Diese Form der Leukämie kann alle Altersgruppen betreffen, die meisten Neuerkrankungen treten aber bei Erwachsenen zwischen dem 50 und 60 Lebensjahr auf. Männer erkranken etwas häufiger als Frauen.

Symptome

Die Symptome der CML entwickeln sich in der Regel sehr langsam. Daher passiert es häufig, dass die Erkrankung vor den ersten deutlichen Krankheitszeichen bei einer Routineuntersuchung als Zufallsbefund entdeckt wird. Die Symptome sind eher unspezifsich:

  • Blutarmut (Anämie, Verminderung der roten Blutkörperchen) führt zu Blässe, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, verminderte Leistungsfähigkeit, Kurzatmigkeit, allgemeiner Schwäche und Unwohlsein
  • depressive Verstimmung
  • Gewichtsverlust
  • Fieber, ohne dass eine Infektion vorliegt
  • Nachtschweiß
  • bei fortgeschrittener Erkrankung: Druckgefühl im linken Oberbauch durch eine Vergrößerung der Milz

Diagnose der chronischen myeloischen Leukämie

Der Verdacht einer CML entsteht häufig zufällig im Rahmen einer routinemäßigen Blutuntersuchung beim Hausarzt/Internist. Hierbei können zum Beispiel sehr stark erhöhte Werte für die weißen Blutkörperchen auffallen. Andere Hinweise können unreife Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen im Blut, eine Anämie oder Thrombozytose (Erhöhung der Zahl der Blutplättchen) sein.

Um die Diagnose zu sichern, ist es unerlässlich, das Knochenmark zu untersuchen. Eine solche Untersuchung wird an einem spezialisierten Krankenhaus von einem Facharzt für Blut- und Krebserkrankungen (Hämatologe/Onkologe) durchgeführt. Er entnimmt mit einer Spritze unter örtlicher Betäubung Knochenmark aus dem Hüftknochen oder Brustbein (Knochenmarkpunktion). Dieser kurze, ambulante Eingriff kann für den Patienten etwas unangenehm sein, da es einige Minuten dauert, bis das Knochenmark in die Spritze gelangt. Die anschließenden Laboruntersuchungen des Knochenmarks umfassen die äußerlichen und genetischen Merkmale der befallenen Zellen. Der Nachweis des charakteristischen Philadelphia-Chromosoms ist ausreichend, um die Diagnose CML zu bestätigen. Mit Hilfe moderner Methoden kann zudem die Menge des anomalen BCR-ABL Gens als Maß für die Tumorlast bestimmt werden.

Im weiteren Verlauf nach Therapiebeginn sind immer wieder Knochenmarkpunktionen und andere Kontrolluntersuchungen notwendig. So kann z.B. mit Hilfe der MRD-Diagnostik überprüft werden, ob sich die Leukämie vollständig zurückgebildet hat (Remission).

Krankheitsverlauf

Der Verlauf der chronischen myeloischen Leukämie kann in drei Phasen eingeteilt werden: Chronische Phase, akzelerierte Phase und Blastenkrise. Unbehandelt geht die Erkrankung nach einigen Jahren von der langsam verlaufenden chronischen Phase in die aggressivere Akzelerationsphase und schließlich in die Blastenkrise über. Da die Behandlung der fortgeschrittenen Stadien schwieriger ist, ist es wichtig direkt nach Diagnosestellung mit der Therapie zu beginnen.

In der Regel wird die Diagnose in der ersten Phase - der chronischen Phase - gestellt. Mit den heute zur Verfügung stehenden Medikamenten kann die Erkrankung in dieser Phase oft bis an die Nachweisgrenze zurückgedrängt werden (Remission) und viele der betroffenen Patienten können ein ganz normales, symptomfreies Leben führen.

Schreitet die CML fort, so schließt sich häufig die sogenannte akzelerierte Phase an, in der es zu einer Verschlechterung des Blutbildes kommt. Im Blut können mehr unreife Vorläufer der Blutzellen (Blasten) nachgewiesen und bei Laboruntersuchungen zusätzliche Veränderungen des Erbguts festgestellt werden. Durch eine Anpassung der Behandlung kann die CML oft in die chronische Phase zurückgeführt werden.

Die dritte Phase ist die Blastenkrise. Sie ähnelt sehr den akuten Leukämien, denn im Knochenmark werden immer mehr Blasten gebildet. Diese veränderten Vorläuferzellen sind funktionsuntüchtig und behindern zudem die Entwicklung normale Blutkörperchen. Dadurch sinkt die Zahl funktionstüchtiger Zellen im Blut und Patienten können infektanfällig werden, eine Blutarmut entwickeln oder zu Blutungen neigen. Die Blastenkrise ist eine schwere Erkrankung, die unbehandelt innerhalb weniger Wochen zum Tode führt.

Behandlung

Die CML ist - wie der Name schon sagt - eine chronische Erkrankung, die derzeit nicht medikamentös geheilt werden kann. Das Ziel aktueller Therapien ist es, die Erkrankung so weit wie möglich zurückzudrängen und ein Fortschreiten zur nächsten Phase zu verhindern. Der Erfolg der Behandlung wird mit Hilfe regelmäßiger Verlaufskontrollen überprüft. Je besser ein Patient auf die Therapie anspricht, umso besser ist die Prognose, die Erkrankung langfristig kontrollieren zu können.

Zu den medikamentösen Therapieoptionen gehören die Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI), Interferon-alpha (IFN-α) und die Chemotherapie. Wenn die Medikamente nicht wirken oder die Erkrankung weit fortgeschritten ist, kann zudem eine Stammzelltransplantation in Frage kommen.

Therapieansprechen - hämatologische, zytogenetische und molekulare Remission

Unter Remission versteht man den Rückgang der Leukämie. Sie ist ein Maß für das Ansprechen auf die Behandlung und wird durch regelmäßige Blut- und Knochenmarkuntersuchungen überprüft. Nach Therapiebeginn nimmt die Tumorlast in der Regel beständig ab, bis nach einigen Monaten oder wenigen Jahren keine Leukämie mehr nachweisbar ist. Den kontinuierlichen Rückgang der Erkrankung verfolgt man anhand von Meilensteine, die angeben, wie stark (tief) das Ansprechen zu einem bestimmten Zeitpunkt der Behandlung ist. Ärzte und Wissenschaftler sind sich einig, dass das frühe und tiefe Ansprechen auf die Behandlung den wichtigsten Faktor für die Langzeitprognose darstellt.

Unter optimalen Bedingungen normalisiert sich das Blutbild nach dem Start der Therapie innerhalb weniger Wochen. In diesem Fall spricht man von einer kompletten hämatologischen Remission (engl. complete hematologic response, CHR). Sinkt die Zahl der Leukämiezellen mit Philadelphia-Chromosom in der Folge unter die Nachweisgrenze zytogenetischer Methoden, bezeichnet man dies als vollständige zytogenetische Remission (engl. complete cytogenetic response, CCyR). Idealerweise wird die CCyR nach 6 Monaten Therapie erreicht.
Danach kann das BCR-ABL Gen nur noch mit einer sehr empfindliche Methode, der Polymerase-Kettenreaktion (engl. polymerase chain reaction, PCR), nachgewiesen werden. Der nächste Meilenstein ist erreicht, wenn der BCR-ABL Wert bei PCR-Analysen weniger als 0,1 % des Ausgangswertes beträgt, also nur noch ein Tausendstel der ursprünglichen Menge vorhanden ist. Diese sogenannte gute molekulare Remission (engl. major molecular remission, MMR) sollte bei optimalem Ansprechen nach 12 Monaten erreicht werden. Manche Patienten sprechen aber noch besser auf die Behandlung an, so dass der BCR-ABL Wert auf unter 0,01 % oder sogar unter 0,0032 % fällt. In diesen Fällen liegt eine tiefe molekulare Remission vor, die mit MR4 bzw. MR4.5 abgekürzt wird.

Tyrosinkinaseinhibitoren

Die Erstbehandlung der CML erfolgt entsprechend aktueller Therapieleitlinien mit Medikamenten aus der Gruppe der Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI). TKI sind zielgerichtete Medikamente, das heißt, sie greifen die Erkrankung dort an, wo sie entsteht: im Fall der CML beim fehlerhaften Eiweiß BCR-ABL, das durch das Philadelphia-Chromosom gebildet wird. Dieses regt die Leukämiezellen an, sich unkontrolliert zu teilen. TKI hemmen das BCR-ABL Eiweiß und blockieren somit die permanente Zellteilung. Zu den TKI Wirkstoffen gehören Imatinib, Nilotinib und Dasatinib. Sie werden täglich und in Form von Tabletten eingenommen.

Interferon-α

Vor Einführung der TKI war die Gabe von Interferon-α (IFN-α) die Standardtherapie bei CML. IFN-α ist ein hormonähnlicher Botenstoff, der das körpereigene Immunsystem sehr wirksam gegen die Leukämiezellen aktiviert. Leider verursacht die Behandlung mit IFN-α viele Nebenwirkungen, so dass die Therapie oft abgebrochen oder die Dosis reduziert werden muss.

Chemotherapie

Bei der Chemotherapie erhalten Patienten Medikamente, die Zytostatika genannt werden und das Zellwachstum hemmen. Sie können einzeln oder in Kombination mit anderen Medikamenten gegeben werden. Milde Chemotherapien kommen bei CML vor allem direkt nach der Diagnosestellung zum Einsatz, wenn ein Patient sehr stark erhöhte Zahlen an weißen Blutkörperchen aufweist. Die Behandlung mit Zytostatika führt zu einem schnellen Rückgang der Zellzahlen, hat aber keinen Einfluss auf den grundsätzlichen Krankheitsverlauf. Stärkere (intensive) Chemotherapien werden nur bei fortgeschrittenen Erkrankungen oder zur Vorbereitung auf eine Stammzelltransplantation eingesetzt. Sie werden in Form von Infusionen verabreicht und sind in der Regel mit schweren Nebenwirkungen verbunden.

Stammzelltransplantation

Die einzige kurative (heilende) Behandlung für Patienten mit CML ist eine Stammzelltransplantation. Hierbei handelt es sich um einen belastenden und risikoreichen Eingriff, bei dem das erkrankte Knochenmark durch gesundes ersetzt wird. Anders als der Name es vermuten lässt, ist eine Stammzelltransplantation keine Operation. Der Patient erhält die aufgereinigte Blutstammzellen eines passenden Spenders mittels Infusion. Für eine erfolgreiche Therapie müssen zuvor alle krankhaften Knochenmarkzellen des Patienten abgetötet werden. Dies wird durch eine starke (intensive) Chemotherapie und eine Bestrahlung erreicht, die neben den kranken auch die gesunden Zellen im Knochenmark zerstört. Das Risiko einer Stammzelltransplantation ist groß. Daher kommt diese Behandlung nur für Patienten mit fortgeschrittenem Krankheitsstadium in Frage.

Therapiestudien

In Deutschland werden viele CML Patienten im Rahmen von Therapiestudien behandelt. Hierbei erhält der Patient Zugang zu den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und wird mit innovativen Medikamenten und entsprechend aktueller Behandlungsstrategien therapiert. Die medizinische Betreuung im Rahmen einer Therapiestudie ist in der Regel umfassender, als sie es bei der Standardtherapie außerhalb der Studie wäre. Die Teilnahme an einer Studie bedeutet nicht, dass die Anwendung der eingesetzten Medikamente experimentell ist. Vielmehr ist es das Ziel, die Behandlungsstrategien der CML in Zukunft zu verbessern. Die Entscheidung darüber, welche Studie für einen Patienten in Frage kommt, muss zusammen mit dem behandelnden Arzt gefällt werden. Dabei spielen verschiedene Kriterien z.B. Erkrankungsmerkmale, Erkrankungsphase, Vorbehandlung, Alter und Risikofaktoren eine Rolle. Die letztliche Entscheidung für eine Studienteilnahme trifft aber immer der Patient selbst.

Viele Kliniken im gesamten Bundesgebiet beteiligen sich an den Studien der deutschen CML-Studiengruppe. Die aktuellen Studien dieser Studiengruppen finden Sie im Deutschen Leukämie-Studienregister.

Quelle:

https://www.kompetenznetz-leukaemie.de/

 

© 2016 Selbsthilfegruppe für Leukämie- und Lymphompatienten Halle (Saale) / Sachsen-Anhalt

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